Fördern in Vielfalt und Kompetenz

Dr. Christina SiegfriedWas uns heute (fast) selbstverständlich erscheint – die mitteldeutsche Barockmusiklandschaft als ein historisch gewachsenes Ganzes zu betrachten, dem entsprechend in ihrer Vitalität und Vielfalt zu bewahren und dies ländergrenzen-überschreitend zu befördern –, ist bei genauerem Hinsehen ganz und gar nicht selbstverständlich. Das macht das Instrument dieser Förderung, den 1994 gegründeten Verein Mitteldeutsche Barockmusik in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen e.V. (die MBM), zu etwas Besonderem und durchaus zu einem Beispiel erfolgreicher gemeinsamer Kulturpolitik von Bund und Ländern. Die MBM, der heute rund 60 Mitglieder aus ganz Deutschland angehören, wird im Rahmen einer Projektförderung in anteiliger Finanzierung mit 50% vom Bund – heute von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien – und zu je einem Sechstel von den drei Ländern – dem Sächsischen Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst, dem Kultusministerium des Landes Sachsen-Anhalt und dem  Thüringer Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur – finanziert. Der gemeinnützige Verein hat seinen Sitz im Kloster Michaelstein, Blankenburg (Harz), und mit dem Büro der Geschäftsführerin eine Geschäftsstelle in Halle (Saale).

Vorrangiger Schwerpunkt der Tätigkeit war und ist die Projektförderung: Die MBM ist eine Förderinstitution mit der besonderen Zielsetzung, die ungewöhnliche Dichte und Vielfalt wie die besondere Qualität mitteldeutscher
Barockmusik in ihrer einfl ussreichen Bedeutung für die europäische Musikkultur des 17. und 18. Jahrhundert in das heutige Bewusstsein zu rücken. Alljährlich wird eine Vielzahl von Vorhaben – Konzerte und Festivals, Tagungen, Konferenzen und Wettbewerbe bis hin zu wissenschaftlichen Publikationen und Editionen – sowohl finanziell gefördert wie ideell begleitet. Dabei geht es nicht um eine Grund- oder Existenzförderung, es geht um den spezifischen Fokus, der spezielle Projekte und Vorhaben möglich macht und den Blick für das Besondere schärft.
Die bisherige Bilanz ist beeindruckend: Von 1995 bis einschließlich 2014 wurden insgesamt rund 700 Projekte gefördert und umgesetzt. Das beinhaltet tausende Stunden Musik, tausende Besucher bei Konzerten und Veranstaltungen, hunderte Übertragungen durch Rundfunk und Fernsehen, zahlreiche Wiederentdeckungen und  Erstaufführungen, tausende Seiten Dokumentation und wissenschaftliche Editionen, vielbeachtete CD-Einspielungen, nationale und internationale Kooperationen.

Die MBM ist zugleich ein modernes Netzwerk für Alte Musik und trägt entscheidend dazu bei, die Kulturregion Mitteldeutschland in ihrer Identität und Unverwechselbarkeit zu stärken. Dies realisiert sie als ein Forum, das sowohl ausübende Musiker, Wissenschaftler wie Repräsentanten der führenden Veranstalter, Forschungseinrichtungen und Museen in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen und darüber hinaus aus ganz Deutschland vereint. Kooperationen, Schaffung von Synergien und gegenseitige Befruchtung im Zusammengehen mit Partnern, Institutionen und Künstlern bündeln die gemeinsamen Interessen. Die MBM agiert zugleich als kulturpolitischer Repräsentant und Kommunikator. Ihr Ziel ist es auch hier, mitteldeutsche Barockmusik als Objekt wissenschaftlicher Forschung, vor allem aber als lebendige ästhetische Gegenwart zu einem Gegenstand modernen Erlebens und Nachdenkens zu machen.

Nicht zuletzt als Veranstalter hat es sich die MBM zur Aufgabe gemacht, in exemplarischer Weise und mit einem spezifischen Schwerpunkt mitteldeutsche Barockmusik einer möglichst großen Öffentlichkeit zugänglich und als klingendes Erlebnis für  ein breites Publikum erfahrbar zu machen.
Die MBM veranstaltet jährlich im Frühjahr und jeweils an einem neuen Veranstaltungsort das Festival unMittelBARock! – Tage Mitteldeutscher Barockmusik. Höhepunkt ihrer Arbeit ist das jährlich im Oktober stattfindende Heinrich Schütz Musikfest. Dieses seit 1998 und bis 2009 unter dem Titel Mitteldeutsche Heinrich- Schütz-Tage in Zusammenarbeit mit den beiden Heinrich-Schütz-Häusern in Weißenfels und Bad Köstritz sowie der Dresdner Hofmusik e.V. veranstaltete länderübergreifende Festival ist als bundesweit ausstrahlendes Forum der Musik des 17. Jahrhunderts in seiner Art einzigartig.

Die MBM sieht sich auf all diesen Ebenen als tätiges Netzwerk, das  Ermöglichungsspielräume schaffen will, damit die unbestritten einflussreiche Tradition des musikalischen Barocks in Mitteldeutschland zum Identitätsmerkmal einer modernen, weltoffenen auch und gerade für junge
Menschen, attraktiven Kulturregion wird. Man muss wissen, wo seine Wurzeln sind, sich seines Herkommens bewusst sein, um ein kultiviertes Morgen  gestalten zu können. Die MBM leistet hier seit 20 Jahren ihren Beitrag und wird dies auch weiterhin tun.